Holzbein, Trockenerbsen und Kettensäge – so werden Schnittschutzstiefel getestet

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| Karin Nelke-Mertens

Holzbein, Trockenerbsen und Kettensäge – so werden Schnittschutzstiefel getestet

Wie testet man eigentlich Schnittschutzstiefel?

Schnittschutzstiefel – wer sie trägt, verlässt sich auf ihren Schutz. Schließlich soll im Ernstfall eine laufende Kettensäge nicht den Fuß erreichen. Aber Hand aufs Herz: Weißt du, wie solche Stiefel überhaupt getestet werden? Wie dieser Schutz nachgewiesen wird?

Genau das wollten wir uns selbst anschauen - und waren beim KWF (Kuratorium für Waldarbeit und Forsttechnik) live dabei. Dort haben wir miterlebt, wie professionell und präzise die Normprüfung für Schnittschutzstiefel durchgeführt wird.

Und dabei kommen ein Holzbein, Trockenerbsen und eine Kettensäge zum Einsatz. Klingt schräg? Ist es auch. Und genau deshalb erzählen wir dir heute, wie so ein Test wirklich abläuft, wozu er gut ist – und warum du ihn dir unbedingt mal im Video anschauen solltest.

So funktioniert der Schnittschutztest – Schritt für Schritt

Der Test, um den es geht, folgt der europäischen Norm EN ISO 11393 (Teil 3) bzw. der Sicherheitsnorm EN ISO 17249. Ziel ist es, festzustellen, ob der eingebaute Schnittschutz in einem Stiefel dem Kontakt mit einer Kettensäge standhalten kann – in unserem Beispiel bei einer Kettengeschwindigkeit von 20 Metern pro Sekunde (das ist die sogenannte Schnittschutzklasse 1).

Schritt 1: Markieren

Zuerst werden auf dem Stiefel drei Linien eingezeichnet:

  • Eine hinter der Stahlkappe,
  • zwei in der Lasche.

An genau diesen Stellen wird später die Säge ansetzen. Die Linien sorgen dafür, dass der Test reproduzierbar bleibt.

Schritt 2: Das Holzbein

Ein genormter Holzdummy, der einen menschlichen Unterschenkel nachbildet, wird in den Stiefel gesteckt und geschnürt. So ist das Volumen realistisch und standardisiert.

Schritt 3: Trockenerbsen

Jetzt wird’s kurios – aber clever: Der Holzfuß wird wieder entfernt und der Stiefel mit Trockenerbsen gefüllt. Kein Witz. Diese sorgen für den nötigen Widerstand beim Sägekontakt und simulieren einen echten Fuß besser als Schaumstoff oder Sand.
Obendrauf kommen zwei halbrunde Holzklötze – sie sorgen für eine gleichmäßige Verdichtung und halten alles an Ort und Stelle.

Schritt 4: Einspannen & Positionieren

Der vorbereitete Stiefel wird in einem Prüfstand exakt um 30 Grad geneigt eingespannt – das entspricht dem Winkel, mit dem eine Säge im Ernstfall auf einen Schuh treffen könnte.
Die Kettensäge wird so eingestellt, dass sie nur 2 Millimeter über der Stiefeloberfläche hängt. Dann wird alles mit einem Gewicht von oben fixiert – das simuliert die Dichte eines echten Beins.

 

Schritt 5: Der Moment der Wahrheit

Jetzt wird die Säge gestartet – elektrisch, mit genau kontrollierter Geschwindigkeit. Sobald sie 20 m/s erreicht hat, fällt sie auf den Stiefel. Dann heißt es: Test bestanden – oder durchgefallen?

Wann ist ein Schnittschutzstiefel durchgefallen?

Die Antwort ist glasklar:

  • Wenn ein Loch im Schuh ist,
  • wenn man mit dem Finger ins Innere greifen kann,
  • oder wenn die Erbsen durch die Gegend fliegen – dann hat der Schuh den Test nicht bestanden.

Bleibt der Schuh jedoch intakt, ohne dass die Säge durchdringt, dann hat er den Schnittschutztest erfolgreich bestanden. Das zeigt: Dieser Stiefel schützt zuverlässig vor einem lebensgefährlichen Kettensägenschnitt.

Warum ist dieser Test so wichtig?

Weil ein Sicherheitsschuh ohne echte Schnittschutzeinlage im Ernstfall nicht reicht. Die Berufsgenossenschaften weisen ausdrücklich darauf hin: Nur Schuhe mit geprüfter Schnittschutzeinlage bieten echten Schutz bei Arbeiten mit handgeführten Kettensägen.

Unterschiedlicher Schnittschutz bei Hosen und Stiefeln
Die Art des Schnittschutzes in Schuhen unterscheidet sich massiv von dem in Hosen.

  • Bei Schnittschutzhosen sollen lange Fasern die Säge blockieren.
  • Bei Stiefeln ist es anders: Hier soll das Material die Säge abbremsen, nicht aufhalten – und vor allem den Fuß schützen, bis man die Säge zurückzieht.

Elektrosäge oder Benziner – spielt das eine Rolle?
Viele glauben, Elektrosägen seien gefährlicher, weil sie nicht "abgewürgt" werden wie Benziner. Aber das KWF hat nachgewiesen: Bei vergleichbarer Leistung ist die Schnittwirkung gleich – egal ob Kabel oder Akku. Elektrosägen schneiden nur etwas „direkter“.

Das Video zum Test 

Wir waren beim KWF vor Ort und haben den ganzen Test gefilmt – vom Markieren des Schuhs bis zum finalen Sägedurchlauf. Du siehst den Prüfstand, den Sägeeinschlag, das Ergebnis. Und du erfährst, warum der getestete Stiefel – unser Modell Sportive Hunter – mit Bravour bestanden hat.

Jetzt Video auf YouTube anschauen 

Wenn du sehen willst, wie seriös solche Tests ablaufen, und wie viel Know-how hinter einem guten Forststiefel steckt, solltest du dir das nicht entgehen lassen.

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Umfassend geprüft – für maximale Sicherheit im Forsteinsatz
Schnittschutzstiefel unterliegen strengen Anforderungen, um im Ernstfall zuverlässigen Schutz zu bieten. Zwei zentrale Normen regeln die Prüfverfahren:

EN ISO 17249 legt die Anforderungen an Sicherheitsschuhe mit Schnittschutz gegen handgeführte Kettensägen fest. Die Schuhe werden in Labortests auf ihre Widerstandsfähigkeit geprüft und in Schnittschutzklassen (Klasse 1: 20m/s, Klasse 2: 24m/s, Klasse 3: 28m/s) eingeteilt je nachdem, welche Kettengeschwindigkeit sie stoppen können. Diese Norm definiert außerdem, wie und wo das Schnittschutzmaterial im Schuh verarbeitet sein muss.

EN ISO 11393-3 beschreibt ergänzend die konkreten Prüfverfahren für Schuhwerk mit integriertem Schnittschutz. Hierzu zählt insbesondere der Schnittwiderstand unter kontrollierten Bedingungen, um die Schutzwirkung standardisiert bewerten zu können.

Darüber hinaus prüft das Kuratorium für Waldarbeit und Forsttechnik e.V. (KWF) sowohl technische Eigenschaften wie Abriebfestigkeit und Langlebigkeit als auch die Alltagstauglichkeit der Stiefel im realen Einsatz. Das KWF-Prüfsiegel steht für geprüfte Qualität – bestätigt durch Laborwerte, Praxistests und Rückmeldungen aus der Forstwirtschaft.

Wichtig: Auch der beste Schnittschutz entfaltet seine volle Wirkung nur bei korrektem Einsatz und regelmäßiger Pflege.